Konzept: Kurzdarstellung mit Basisinformationen zum Thema IPSAS

1. Ein internationales Regelwerk zur Rechnungslegung im öffentlichen Sektor

Die IPSAS (International Public Sector Accounting Standards) sind ein internationales Regelwerk zur Rechnungslegung im öffentlichen Sektor. Sie bestehen derzeit aus 26 Standards, in denen jeweils Teilgebiete zur Rechnungslegung behandelt werden. Da die bislang veröffentlichten Standards nicht alle Teilgebiete der Rechnungslegung im öffentlichen Sektor abbilden, werden kontinuierlich weitere Standards entwickelt. Die Standards orientieren sich an den in der Privatwirtschaft im Bereich der internationalen Rechnungslegung angewandten International Accounting Standards.

2. Geltungsbereich der IPSAS

Der Geltungsbereich der IPSAS umfasst ausschließlich öffentliche Institutionen (Public sector entities) nicht aber privatwirtschaftlich organisierte Beteiligungsgesellschaften von öffentlichen Institutionen (Government business enterprises). Für diese wird die Anwendung der bereits im privatwirtschaftlichen Bereich gebräuchlichen International Financial Reporting Standards (IFRS) empfohlen.

Auf Deutschland bezogen heißt dies, dass Gebietskörperschaften wie Bund, Länder, Kreise oder Kommunen einschließlich der unter- oder nebengeordneten Behörden IPSAS anwenden können. Für Beteiligungsgesellschaften wie beispielsweise von Kommunen gehaltene Stadtwerke in Rechtsform einer GmbH oder AG gelten dagegen die International Financial Reporting Standards (IFRS).

Bei den IPSAS handelt es sich derzeit lediglich um Empfehlungen. Rechtsverbindlich werden diese Empfehlungen erst, wenn sie in nationales Recht umgesetzt werden. Dies ist in Deutschland bislang nicht der Fall.

OECD und NATO wenden die IPSAS bereits an. Die Europäische Kommission wird demnächst folgen. Insbesondere durch die Einführung der IPSAS bei der Europäischen Kommission wird ein gewisser Druck auf die Einführung der IPSAS bei den einzelnen Mitgliedstaaten entstehen.

3. Warum IPSAS ?

3.1.True and fair view – externe Kontrolle und Steuerung


Ein erheblicher Teil der Rechnungslegung im öffentlichen Bereich ist immer noch sehr intransparent und gibt keinen Einblick in die tatsächliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (True and fair view) der erstellenden Körperschaft. So wird etwa in der in Deutschland verbreiteten Kameralistik der Ressourcenverbrauch des Anlagevermögens an keiner Stelle berücksichtigt. Eine Beurteilung der Zahlenwerke durch Bürger und Politiker wird dadurch erschwert. Hier sollen die IPSAS durch die Verpflichtung zu transparenten Abschlüssen mit einheitlicher Qualität Abhilfe schaffen.

3.2. Interne Steuerung und Kontrolle

Basis für effiziente Steuerungs- und Kontrollprozesse in der öffentlichen Verwaltung sind valide Informationen. Die IPSAS tragen dazu bei, die Qualität der Finanz-Informationen erheblich zu verbessern. Die interne Steuerung und Kontrolle von öffentlichen Institutionen wird dadurch vereinfacht.

3.3. Kompatibilität mit dem privatwirtschaftlichen Rechnungswesen

Die Rechnungswesen öffentlicher und privater Einrichtungen sind in der Regel nicht kompatibel.

Öffentliche Institutionen sind aber oftmals eng mit privatwirtschaftlichen Einrichtungen verknüpft - zum Beispiel über Beteiligungen oder Leistungs- und Lieferbeziehungen. Aufgrund der völlig unterschiedlichen Rechenwerke werden Kommunikation und Administration unnötig erschwert. Eine Konsolidierung von gemischten Verbunden ist nicht möglich. Es sind gesonderte Softwarelösungen notwendig - Mitarbeiter aus der Privatwirtschaft müssen bei Eintritt in das Finanzwesen einer öffentlichen Institution gesondert geschult werden.

Ein im privatwirtschaftlichen Bereich übliches doppisches System der Rechnungslegung auf der Basis von international anerkannten Standards verringert diese Schnittstellenproblematik.

3.4. Gewährung von Beihilfen und Subventionen

Im öffentlichen Sektor gibt es nicht nur weltweit sondern sogar innerhalb einzelner Staaten eine Vielzahl von unterschiedlichen Vorschriften zur Rechnungslegung. Jahresabschlüsse einer Kommune in Deutschland sind nicht mit den Abschlüssen einer Kommune in Frankreich, Argentinien oder Thailand vergleichbar. Dies wird dann problematisch, wenn die Voraussetzung für die Verwendung von Mitteln, die von internationalen Organisationen gewährt werden (UN, Weltbank, EU, …), nachgewiesen werden soll. International einheitliche Vorschriften - wie die IPSAS - tragen wesentlich zur Vereinfachung dieser Prozesse bei. Sie gewinnen im Übrigen dann an Bedeutung, wenn die mittelgebende Organisation bereits ihr Rechnungswesen anhand der IPSAS ausgerichtet hat.

3.5. Rating

Öffentliche Einrichtungen sind im zunehmenden Maße auf die Finanzierung durch Kredite und Anleihen angewiesen. Spektakuläre Zusammenbrüche (Argentinische Staatsanleihen) haben gezeigt, dass auch öffentliche bzw. staatliche Institutionen zahlungsunfähig werden können. Finanzinvestoren und Fremdkapitalgeber verlangen daher, effiziente Informationen über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kreditnehmer, um die mit einem Engagement verbundenen Risiken bewerten zu können. Letztlich heißt dies, dass sich auch öffentliche Institutionen vor der Vergabe von Fremdmitteln raten lassen müssen. Eine valide Beurteilung der Leistungsfähigkeit von öffentlichen Institutionen und das Rating - Verfahren werden durch ein international standardisiertes qualitativ hochwertiges Rechenwerk erheblich vereinfacht.

4. Entstehung der IPSAS

Die IPSAS werden vom IPSASB dem International Public Sector Accounting Standards Board erarbeitet und in Kraft gesetzt (Standard - Setter). Bei dem IPSASB handelt es sich um einen Fachausschuss, der aus der IFAC (International Federation of Accountants) dem internationalen Fachverband der Wirtschaftsprüfer hervorgegangen ist. Das IPSASB ist eine rein private Organisation. Sie kann daher auch nur Empfehlungen aussprechen.

Basis für die einzelnen Standards sind die entsprechenden International Accounting Standards (IAS) bzw. zukünftig die International Financial Reporting Standards (IFRS). Die IAS / IFRS werden im Hinblick auf die speziellen Zwecke der Rechnungslegung öffentlicher Einrichtungen vom IPSASB modifziert. Als Ergebnis entsteht ein Standard-Entwurf (ED).

Dieser Entwurf wird im Rahmen des „Due Process“ in die öffentliche Diskussion gestellt. Innerhalb einer angemessenen Frist können alle interessierten Gruppen eine Stellungnahme abgeben. Diese Stellungnahmen werden dann bei der Erstellung der Endfassung des Standards berücksichtigt.

5. Cash Basis of Accounting versus Accrual Basis of Accounting

Die IPSAS unterscheiden zwei Methoden zur Rechnungslegung:

- Cash Basis of Accounting (Rechnungslegung anhand des Zahlungsmittelflusses)
- Accrual Basis of Accounting (entspricht der Doppik).

Mit dem Cash-Basis-Accounting beschäftigt sich lediglich ein Standard. Aufgrund der offensichtlichen Schwächen (keine Berücksichtigung Ressourcenverbrauch, keine periodengerechte Abgrenzung) - bevorzugen die IPSAS das doppische Accrual Basis Accounting. Die weiteren Standards erläutern daher dieses Verfahren. Sie basieren - wie bereits erwähnt - im Wesentlichen auf den International Accounting Standards unter Berücksichtigung der Besonderheiten des öffentlichen Sektors.

6. Elemente eines IPSAS-Jahresabschlusses

Ein IPSAS-Jahresabschluss (Accrual Basis Accounting) besteht aus

- Vermögensrechnung (Statement of financial position)
- Ergebnisrechnung (Statement of financial performance)
- Finanzrechnung (Cash - Flow Statement)
- Eigenkapitalveränderungsrechnung (Changes in net assets / Equity)
- Anhang.

7. Die Standards

7.1. Sprache

Die Standards sind in englischer Sprache verfasst. Eine autorisierte deutsche Übersetzung wurde von KPMG in Zusammenarbeit mit der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften im April 2009 herausgegeben.

7.2. Aufbau

Die Standards sind grundsätzlich nach dem gleichen Muster aufgebaut:

(1) Einleitung zur Darlegung des Regelungsgrundes und Regelungsumfanges des jeweiligen Standards (Objective / Scope)
(2) Definitionen der im Standard verwendeten Begriffe (Definitions)
(3) Standard mit Erläuterungen
(4) Inkraftsetzung (Effective Date)
(5) Anhänge (Appendix)

7.3. Übersicht über die einzelnen Standards

siehe unter IPSAS Standards

8. IPSAS und die Reform des öffentlichen Rechnungswesens in Deutschland

8.1. Umstellung auf Doppik


Im November 2003 hat die Innenministerkonferenz der Länder einen Rahmen geschaffen, der es den Bundesländern ermöglicht, das Rechnungswesen der Kommunen von der Kameralistik auf die Doppik umzustellen. Als erstes Bundesland hat Nordrhein-Westfalen im November 2004 die Gesetzesgrundlagen für doppische Kommunalhaushalte geschaffen. Das Gesetz über das Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF) verpflichtet sämtliche Gebietskörperschaften ihre Rechnungslegung bis spätestens 2009 auf das im Gesetz vorgegebene doppische Verfahren umzustellen. In anderen Bundesländern sind die Gesetzgebungsverfahren derzeit noch im Gang.

8.2. Neues kommunales Finanzmanagement und IPSAS

8.2.1. Basis für das NKF

Das NKF basiert im Wesentlichen auf den Vorschriften des deutschen Handelsgesetzbuches (HGB) sowie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) unter Berücksichtigung von kommunal­spezifischen Besonderheiten. Eine Ausrichtung an den International Accounting Standards erfolgte nicht.

8.2.2. NKF versus IPSAS

Das NKF sieht für den Jahresabschluss eine Bilanz, eine Gewinn- und Verlustrechnung, eine Kapitalfluss­rechnung und einen Anhang vor. Dem Jahresabschluss ist ein Lagebericht beizufügen. Diese Bestandteile entsprechen in den Grundzügen durchaus den Bestandteilen des Jahresabschlusses nach IPSAS. Die IPSAS sehen keinen Lagebericht vor. Das NKF verlangt keine Eigenkapitalveränderungsrech­nung.

Unterschiede ergeben sich insbesondere bei den Ansatz- und Bewertungsvorschriften, sowie bei einzel­nen Ausweis und Erläuterungsvorschriften.

Grundsätzlich bestehen ähnliche Überleitungsprobleme wie zwischen HGB und IAS / IFRS.

Sowohl NKF als auch IPSAS verlangen die Aufstellung eines Konzernabschlusses, wenn die bilanzierende Körperschaft weitere Körperschaften kontrolliert - z.B. Mehrheitsbeteiligungen an Stadtwerken, Kulturbetrieben, Kliniken etc.

8.2.3. Umstellung von der Kameralistik auf IAS / IFRS

Angesichts der Tatsache, dass die IAS / IFRS eine immer stärkere Bedeutung in der deutschen Bilanzierungspraxis bekommen, ist es bedauerlich, dass der Gesetzgeber nicht gleich den großen Schritt von der Kameralistik zu den IPSAS gewagt hat. Die umstellenden Kommunen sollten daher ihre Bilanzierungs- und Bewertungsrichtlinien so gestalten, dass sie - so weit möglich - sowohl HGB (NKF) als auch IPSAS - konform sind. Parallel dazu können jährlich eine IPSAS Überleitungsrechnung sowie ein IPSAS - konformer Abschluss erstellt werden.

Es ist davon auszugehen, dass ähnlich wie im privatwirtschaftlichen Rechnungswesen eine Angleichung der nationalen Vorschriften an die internationalen Standards erfolgen wird. Eine frühzeitige Berücksichtigung der Anforderungen des IPSAS erspart späteren Umstellungsaufwand. Im Übrigen bringen IPSAS - konforme Jahresabschlüsse Pluspunkte beim Rating sowie im Rahmen der internationalen Kapitalbeschaffung. Beide Punkte werden in den nächsten Jahren ebenfalls an Bedeutung gewinnen.

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